23.10.2009
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SPONSORs: Behörden schießen mit EHF-Abmahnung übers Ziel hinaus

Veröffentlicht auf SPONSORs.de von Tobias Kuske

Das neuerliche Vorgehen einer deutschen Behörde gegen Werbung des privaten Wettanbieters Bet-at-home auf der Homepage der Handball-Champions-League ist nach Einschätzung von Rechtsexperten „völlig unsinnig“. Bet-at-home will unterdessen zusammen mit dem Europäischen Handballverband (EHF) rechtliche Schritte einleiten.

Der österreichische Internetwettenanbieter Bet-at-home.com wird, mal wieder, damit konfrontiert, dass sein Sponsoringpartner von einer deutschen Behörde abgemahnt wird. Waren es im Juli dieses Jahres noch die Veranstalter der Tennisturniere am Hamburger Rothenbaum und Stuttgarter Weissenhof (siehe SPONSORs-Archiv), ist es diesmal das Wiener Unternehmen EHF Marketing (EHFM); eine Tochterfirma des Europäischen Handballverbandes (EHF). Wegen der Bannerwerbung für Bet-at-Home hat die Regierung Mittelfranken in Ansbach eine Abmahnung nach Wien geschickt und bereits eine Geldstrafe von 50 000 Euro verhängt. Auch die baden-württembergische Regierung will nun gegen die private Glücksspielwerbung vorgehen. Nach Ansicht der Behörden verstößt die Bannerwerbung von Bet-at-Home auf der Homepage der Handball-Champions-League gegen den deutschen Glücksspielstaatsvertrag, der Werbung für private Internetwetten verbietet.

Die große Frage wie seitens der EHFM letztendlich gegen die vermeintlichen Verstöße vorgegangen werden soll, lassen die Behörden allerdings unbeantwortet. So fordern die Beamten in Ansbach zwar, dass die Internetbenutzer Bayerns von der Bannerwerbung fernzuhalten sind – das dies technisch kaum oder gar nicht machbar ist, lassen sie dabei aber außer Acht.

Löschung der Homepage als letzte Konsequenz

Glücksspielexperte Claus Hambach sagt dazu: „In letzter Konsequenz müsste von den deutschen Behörden eine Abschaltung der Internetseiten gefordert werden. Das darf eine deutsche Behörde in diesem Fall aber nicht, da private Internetwetten im Ausland, zum Beispiel in Österreich, nicht verboten sind.“ Der Jurist Hambach erinnert zudem daran, dass selbst bei der Kinderpornographie kein Gesetz für eine Sperrung verabschiedet wurde, wobei private Internetwettanbieter schwerlich mit Kinderpornographie vergleichbar seien.

Auch für den Sprecher von Bet-at-home, Claus Retschitzegger, ist das Vorgehen der Ansbacher Behörde nicht nachvollziehbar: „Es kann nicht sein, dass eine deutsche Behörde aufgrund eines gemeinschaftsrechtswidrigen Vertrages unseren Werbepartner in Drittländern verbietet, Bannerwerbung zu platzieren.“ Da werde, so Retschitzegger, offensichtlich weit über das Ziel hinausgeschossen. „Das ist etwa so, als wenn man einer TV–Station verbieten würde, Bilder mit unseren Werbeflächen von einer ausländischen Sportveranstaltung zu zeigen.“

Die Stellungnahme der Behörde klingt dagegen so: „Die Regierung von Mittelfranken geht seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 gezielt gegen Verstöße von Internetglücksspielwerbung vor. Dies gilt auch bei Verstößen von Sportvereinen und Sportverbänden.“ Hambach findet für das Vorgehen der Ansbacher Behörde deutliche Worte: „Das wird nach hinten los gehen“, meint der Glücksspielexperte und sagt weiter: „Durch solch hyperaktive Behörden schadet sich Deutschland nur selbst. Ich habe das Gefühl, da wird mittlerweile einfach auf alles geschossen.“

Im Grunde seien es nur ein paar bestimmte Behörden, die immer wieder mit Abmahnungen gegen Wettanbieter in Erscheinung treten: Die Regierungen in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) und Ansbach (Mittelfranken) sowie das Regierungspräsidium in Karlsruhe (Baden-Württemberg). „Das ist nicht wirklich ein koordiniertes Vorgehen auf bundesdeutscher Ebene“, urteilt Hambach.

Gründe zur Kritik am staatlichen Handeln gibt es genug: So kosten Verfahren gegen Verstöße des Glücksspielstaatsvertrages „unsinnig viel Geld“, wie Hambach meint. Aktuell gebe es bundesweit hunderte laufende Verfahren. Zum anderen gehen Arbeitsplätze verloren – wie etwa das Beispiel von Tipp24 zeigt. Das Wettunternehmen war ursprünglich in Schleswig-Holstein ansässig und beschäftigte knapp 100 Mitarbeiter. Als dann im Januar 2008 der Glücksspielstaatsvertrag deutschlandweit in Kraft trat, musste Tipp24 die Firmen-Tore schließen und siedelte nach England über. Die Arbeitsplätze in Deutschland waren damit verloren.

Bet-at-home sieht Sponsoring nicht gefährdet

Daher sehen die Verantwortlichen bei Bet-at-home ihr Sponsoring bei der Handball-Champions-League nicht gefährdet. Das Engagement lassen sich die Österreicher jährlich 500 000 Euro kosten, Retschitzegger macht deutlich: „Die EHF steht zu der Kooperation mit bet-at-home.com und wird in Abstimmung mit uns entsprechend rechtliche Schritte einleiten. Die Kooperation mit der EHFM sehen wir in keiner Weise bedroht.“ So sieht es auch Hambach, der das Vorgehen der Ansbacher Behörde als ein „letztes Aufbäumen einiger weniger Behörden in Deutschland“ bezeichnet und damit auf das sich abzeichnende Kippen des Glückspielstaatsvertrages anspielt.

Mehr zum Thema Glücksspielstaatsvertrag lesen Sie in der November-Ausgabe von SPONSORs.