FreieWelt.net: Zu teuer, zu gefährlich: Zur Geldwäsche ist das regulierte Online-Pokerspiel ungeeignet – Neue TÜV-Studie schafft Beurteilungskriterien für Regulierer und Anbieter
Von Ansgar Lange, veröffentlicht auf www.freiewelt.net
Detlev Henze, CEO der TÜV Trust IT http://www.it-tuv.com (TÜV Austria Group), kritisierte dies bereits anlässlich eines hochkarätig besetzten Experten-Workshops im Europäischen Parlament zu Jahresbeginn, in dem es um die Frage ging, ob Online-Poker europaweit einheitliche Sicherheitsstandards benötigt. Damals sprach er von einem „gefühlten Bedrohungsszenario“. Eine aktuelle Studie im Auftrag der TÜV Austria Group widerlegt nun alle Schwarzmaler und -seher, die stets unterstellen, dass Online-Poker internationalen Geldwäschern Tür und Tor öffne. Immerhin ist Deutschland nach den Vereinigten Staaten bereits der zweitgrößte Online-Pokermarkt der Welt, weshalb man hier – auch mit Blick auf mögliche Mehreinnahmen für den Staatssäckel – ein vitales Interesse daran haben müsste, den Markt zu regulieren. In der Studie, so Henze bei der Vorstellung in Wien, sei es vor allem darum gegangen, „standardisierte Prüfkriterien zu definieren, die eine technische und finanzaufsichtsrechtliche Überwachung von Glücksspielanbietern erleichtern.“ Weil der Markt in Deutschland und der Europäischen Union unterschiedlichen Rahmenbedingungen unterliegt, sieht man Regelungsbedarf mit Blick auf IT-Sicherheit, organisatorische Sicherheit, verantwortungsvolles Glücksspiel und die Geldwäschebekämpfung.
Professor Friedrich Schneider: Geldwäsche bei Online-Poker tendenziell unattraktiv
Die Studie „Mögliche Geldwäsche und deren Prävention“ dürfte nun zur Versachlichung der Diskussion in Deutschland beitragen, wo es mit dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz unter der vormaligen CDU/FDP-Regierung bereits ein wegweisendes Modell gab, das auch den Online-Poker-Sektor regulierte. „Generell bestehen im regulierten Bereich von Online-Glücksspielen im Vergleich zu anderen Sektoren eher geringe Risiken möglicher Geldwäsche. Ursächlich sind die technischen Möglichkeiten zur Identifizierung von Kunden und ihres Spielverhaltens. Diese Rahmenbedingungen machen Geldwäsche bei Online-Poker tendenziell unattraktiv“, erläuterte Professor Friedrich Georg Schneider von der Universität Linz http://www.econ.jku.at/schneider/, gemeinsam mit den Professoren Franz W. Peren und Reiner Clement vom Bonner Forschungsinstitut für Glücksspiel und Wetten verantwortlich für die Studie. Zur Reduzierung von Geldwäsche im nicht-regulierten Markt erwachse die Notwenigkeit eines wirtschaftlichen Umfeldes für lizenzierte Anbieter. „Grundsätzliche Verbote von Online-Glücksspielen fördern eher das Wachsen des nicht-regulierten Schwarzmarktes“, so Schneider, der die Formulierung von EU-weiten Mindeststandards für Online-Glücksspiele empfiehlt.
Mit Blick auf die vielfach beschworene Geldwäsche-Aktivitäten hatte er zudem ein klares Ergebnis mitgebracht: Bislang, so der Linzer Hochschullehrer, gebe es europaweit noch keine einzige nennenswerte Erhebung, die die Geldwäsche-Relevanz des Online-Poker-Marktes dokumentiert. Gemessen am zu betreibenden Aufwand und den nötigen Transaktionskosten sei Geldwäsche via Online-Poker unrentabel – auch angesichts einer Vielzahl von technischen Mechanismen, um Manipulationsversuche, Spielabsprachen (Kollusion) etc. zu identifizieren. Laut Schneider haben Online-Poker und andere regulierte Online-Glücksspiel-Angebote im Vergleich zu anderen Sektoren nahezu keine Geldwäscherelevanz. „Geldwäsche mittels Online-Glücksspiel verursacht hohe Transaktionskosten von rund 30 Prozent des jeweiligen Betrages sowie hohe Risiken der Entdeckung. Daher werden andere Methoden zur Geldwäsche gewählt.“ Schneider, der laut F.A.Z.-Ranking zu den TOP 25 der einflussreichsten Ökonomen in Deutschland gehört, betonte während der Pressekonferenz, dass ihm der Bereich „Online-Poker bei seiner bisherigen wissenschaftlichen Forschung im Bereich „Schwarzmarkt und Geldwäsche“ gar nicht aufgefallen sei. Mangels wissenschaftlich belastbarer Zahlen für diesen Bereich habe er bei der vorliegenden Studienarbeit mit Hypothesen arbeiten müssen.
Zehn-Punkte-Katalog
Mit Blick auf den deutschen Markt favorisieren die Studienautoren nunmehr den von der Europäischen Union in den Blick genommenen Regulierungsrahmen. „Der deutsche Gesetzgeber läuft möglicherweise Gefahr, eine unverhältnismäßige Regulierungsbelastung für Anbieter von Online-Glücksspielen zu schaffen.“ Die gesetzliche Ausklammerung ganzer Kategorien von Online-Bezahlmethoden und die Möglichkeit behördlicher Einschränkung bestimmter Methoden nachweisbarer Online-Identitätsprüfung ohne ausreichende risikobasierte Ausdifferenzierung sei unter Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen der Regulierung zu hinterfragen. Die möglichen Maßnahmen zur Risikoprävention haben die Macher der Studie in einem Zehn-Punkte-Plan gebündelt, der das ohnehin geringe Geldwäsche-Risiko weiterhin verringern soll: Dabei sind neben Identifizierung von Spielern und einer Risikomatrix Einsatz- und Konten-Limits vorgesehen, außerdem der Einsatz umfangreicher, IT-gestützter Analyseverfahren, die Beobachtung von Auffälligkeiten, die Zusammenarbeit mit Kredit- und Kreditkarteninstituten, die Transparenz von Zahlungsströmen sowie die Anwendung des so genannten KYC-Prinzips („Know your customer“) bei Zahlungsverfahren.
Selbst England blickt nach Schleswig-Holstein
Alles andere als überrascht zeigt sich einer der Väter des schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes, CDU-Fraktionsgeschäftsführer Hans-Jörn-Arp http://www.hans-joern-arp.de: „Für den erfolgreichen Kampf gegen Geldwäsche sind zwei Dinge erforderlich: Erstens müssen Dreiecksgeschäfte unterbunden werden. Der Gewinn darf nur an denjenigen ausgezahlt werden, der auch den Einsatz tätigt. Zweitens müssen die Geldflüsse kontrolliert werden. Dafür ist das Internet hervorragend geeignet. Unser schleswig-holsteinisches System ist so sicher, dass es sogar in England als vorbildlich bezeichnet wurde“, so seine Wertung. „Wer Online-Poker immer noch als Geldwäscheinstrument darstellt, hat sich mit dem Prinzip nicht auseinander gesetzt.”
Leitlinie für Regulierer, Anbieter und Prüfung
Letztlich, so Detlev Heinze in Wien, sollen die Ergebnisse sowohl den seriösen Anbietern als auch den Aufsichtsbehörden dienen, um ihre Instrumentarien zu verfeinern. „Wir als Auftraggeber werden außerdem entsprechende Prüfkriterien für unsere Arbeit entwickeln.“ Wesentliche Leitplanke sei dabei der ausgearbeitete Zehn-Punkte-Katalog. Das herauszugebende Prüfverfahren soll EU-weit etabliert werden.
Die Präsentation von Claus Hambach, Partner, zum Thema „Germany – taxes and monetisation“ steht ab sofort zum Download bereit.